Pizzagate beim Burger-Giganten

Es gibt diese Fragen, die lassen dich nicht los. Sie richten sich in deinem Gehirn häuslich ein, feiern jeden zweiten Tag ohrenbetäubend laute Partys und rauben dir den Schlaf. Bis du irgendwann die Antwort findest, die dir Gemütsruhe, nein, Erlösung bringt. Brian Thompson macht aus der Suche nach seiner ganz persönlichen, Seelenheil versprechenden Antwort einen einzigartigen Podcast. Seine Frage – und gleichzeitig der Titel: „Whatever Happened to Pizza at McDonald’s?“

Die sagenumwobene „McPizza“ ist der heilige Gral dieses seriellen Audiokunstwerks. Und der Aufwand, den der Carl Bernstein unter den Podcastern betreibt, ist der Brisanz seines Themas angemessen. Thompson scheut weder Kosten noch Mühen. Schon das Grafikdesign seines Coverbilds ist preisverdächtig.

Verfehlt seine psychedelische Wirkung auch vor selbstgemachter Pizza nicht: Brian Thompsons Podcast-Cover

Zeitlose Eleganz gepaart mit eleganter Zeitlosigkeit. Dieses lebhafte Zusammenspiel von Farbgebung und Schrift, das Harmonie vermittelt und zugleich dissonante Untertöne nicht zu verbergen versucht. „Was“, scheint es zu fragen, „was ist das für eine Welt, in der wir nicht wissen, wie ein solches Loch in die Speisekarte des weltgrößten Fastfood-Unternehmens gerissen werden konnte? Wie können Foodies und Gourmets ruhig schlafen, solange dieses Rätsel ungelöst bleibt? Ich will Antworten, verdammt! ANTWORTEN!1!!“

„Do you remember it? How did it taste?“

Seine Antworten sucht Brian Thompson mit unerschütterlicher Vehemenz. Kaum eine „McDonald’s“-Filiale mit Telefonanschluss ist vor ihm sicher. Gäbe es keine Telefon-Flatrates, wäre er vermutlich längst verarmt. Selbst höhere Mächte konsultiert der selbsternannte investigative Journalist auf seiner mitunter verzweifelt anmutenden Spurensuche. Und er schreckt nicht einmal vor so gerissenen Tricks wie Googeln zurück.

Liegt die Wahrheit unter Tomaten, Käse, Oliven und Paprika begraben?

Bei seinen Recherchen verwickelt Thompson arglose Menschen in Gespräche über alles und nichts. Und natürlich immer wieder über die Frage aller Fragen. In späteren Episoden verlässt er gelegentlich die Fährte der Pizza und beschäftigt sich mit anderen Themen. Mit Donald Trump zum Beispiel, direkt vor den Toren des Weißen Hauses. Oder mit einem Mord, der in einem Motel geschehen sein soll, in dem er eigentlich – ganz investigativ – ein Zimmer buchen wollte. Aber letztlich hängt sowieso alles mit allem zusammen, klar.

„Whatever Happened to Pizza at McDonald’s?“ ist große Podcast-Unterhaltung mit kleinen Mitteln. Die meisten Episoden sind nicht länger als die Wartezeit in einer Pizzeria. Wenige Minuten – zum Bersten gefüllt mit schrägem Humor. Brian Thompson, im wahren Leben Komiker, legt mit dem Podcast sein Meisterwerk hin. Oder wenigstens seine Bachelorarbeit.

Ein Troll im Podcast-Game

Er trollt die Podcast-Szene, indem er typische Werbung aufs Korn nimmt und sich mit dem Panoply-Podcast-Netzwerk anlegt. Er ruft eine Kickstarter-Kampagne ins Leben, um sich eine Recherchereise nach Pomeroy, Ohio leisten zu können. Denn dort soll es einen rebellischen Franchisenehmer geben, der sich dem Pizza-Verbot widersetzt.

Noch eine persönlich Anmerkung zum Schluss: Sollte es sich bei dem Podcast um von McDonald’s finanziertes Guerilla-Marketing handeln und die „McPizza“ in Kürze ihr Comeback feiern, möchte ich schon mal vorsorglich meinen Hut ziehen. Bedeutend schöner und wohl auch wahrscheinlicher ist allerdings folgende Variante: Brian Thompsons Investigativ-Persiflage ist einfach nur das kleine, ungeschliffene Podcast-Juwel, als das sie daherkommt.

Episoden-Empfehlungen:

  • Episode 41: Brian Thompson besucht das Weiße Haus, um mit Donald Trump zu sprechen.
  • Alle anderen Folgen. Die meisten sind wirklich sehr kurz. Und sehr lustig.